LiFePO4 V3.0
Meine Langzeiterfahrungen mit den ersten Exemplaren der Eigenbau-Akkus waren duchweg positiv. Einzig den mechanischen Aufbau
(kein Gehäuse, nur Schutzfolie) fand ich dringend verbesserungswürdig. Dank eines 3D-Druckers ist das heutzutage glücklicherweise
kein Problem mehr.
Das Gehäuse ist 3-teilig aufgebaut. Die Zellen sitzen in einem separatem Block der in das eigentliche Gehäuse eingesetzt wird.
Die Anschlussklemmen und die 4 Gehäuseschrauben haben eingeschmolzene M6 Gewindeeinsätze.
Die Akkus sind in einer 4S-5P Konfiguration verschaltet. Alle Zellen sind in allen Zweigen
parallel verbunden um die Spannungen möglichst identisch zu halten. Nominal ergeben sich 5,5Ah@12V.
Das Pack ersetzt eine YTZ10S-Blei-Batterie mit 9,1Ah in einer Honda CB1000R. Alle Abmessungen und die Lage der Anschluss-Terminals
sind identisch gehalten.
LiFePO4
Die LiFePO4 Akkus sind ein neuer Trend bei Motorrad-Akkus. Kleiner, leichter und "besser" als Blei-Akkus. Da mein
aktueller Blei-Akku nach der Winterpause schwächelte habe ich dies als Anlass genommen auf
LiFePO4 umzusteigen.
Lithium-Akkus kennt vermutlich jeder, sie sind in allen aktuellen Smartphones verbaut. Die Varianten mit Eisen-Phosphat
sind deutlich sicherer, sie "explodieren nicht mehr". Nachteil ist die geringere Leistungsdichte. Details zu
beschreiben schenke ich mir, die findet man z.B. bei Wikipedia.
Betrieb am Motorrad
Eine LiFePO4 Zelle wird normalerweise schön ordentlich mit dem vorgegebenen konstanten Ladestrom geladen. Sobald 3.6V
erreicht sind wird die Spannung konstant gehalten. Im Idealfall sinkt dann der Ladestrom auf (fast) 0 ab.
Am Motorrad sieht das alles ganz anders aus. Die Ladespannung ist konstant (ca. 14V, also 3.5V pro Zelle). Eine
Strombegrenzung gibt es nur indirekt durch den Innenwiderstand des Ladereglers.
Im Betrieb schwankt die Spannung des Ladereglers erheblich. Der Akku gleicht das aus. Es treten somit ständig hohe Lade-
und Entladeströme auf, ganz abgesehen vom Motorstart.
Soweit so gut, nichts was der Akku nicht könnte. Und alles vergleichbar wie beim Blei-Akku.
Welche Zellen?
Wer es einfach haben möchte kann den vorhandenen Akku direkt komplett gegen ein passendes LiFePO4 Exemplar austauschen.
Anbieter gibt es dutzendweise. Allerdings sind die Preise (noch?) grob um den
Faktor 2 höher als bei einem guten Blei-Akku.
Und für einen "alten" Bastler wie mich kommt das sowieso nicht in Frage ;)
Eine entscheidende Frage ist die gewünschte Kapazität. Generell werden LiFePOs mit ca. der halben Blei-Kapazität empfohlen.
Weil Blei-Akkus sowieso nie richtig voll geladen werden und die LiFePOs mehr Startstrom liefern können. Der Startstrom ist
letztendlich der entscheidende Faktor für die Auswahl, das Motorrad muss ja vor allem erstmal laufen. ABS und andere
erhebliche Stromverbraucher sind natürlich auch zu beachten.
Alle 4 Zellen sollten vom gleichen Typ sein und gleiche Charakteristika aufweisen! Ansonsten könnte die Balancierung aus
dem Ruder laufen.
Meine Wahl fiel auf die folgenden Zellen (4 Stück, in Reihe):
Markenname: LiMoPower LMP-32650-5Ah
Kapazität: 5Ah
Abmessungen: 32 x 70mm, zylindrisch, plus Gewinde an
jedem Ende.
Die vorhandenen Gewinde gaben den Ausschlag weil man dann die Zellen einfach verbinden kann und nicht unnötig durch Löten
belasten muss.
Ein passendes Gehäuse zu finden stellte sich als erhebliches Problem heraus. Deshalb wurde es diese "Soft"-Variante mit
Luftpolsterfolie.
Ergebnis
Fast gut. Man merkt aber dass der Anlasser (bei der FZS1000) nach ein paar Startversuchen ganz leicht in die Knie geht.
Vermutlich ist die Zelle doch nicht für die extremen Peak-Ströme ausgelegt.
Aber in der 600er Honda passt alles sehr gut zusammen, dort ist sie jetzt dauerhaft eingebaut.
Variante 2
Diesmal sind es 18650er Zellen von Sony. Jeweils 2 Stück sind bereits fest in Reihe geschaltet.
Nominale Daten der Einzelzelle:
Kapazität: 1100mAh
Spannung: 3.20V
Max. Ladespannung: 3.65V
Max. Entladestrom: 20A(dauer), 50A(<12s), 100A(<2s)
Temperatur: max 80°C
16 Stück davon werden in einer 4S-4P Konfiguration verschaltet. Die Laschen sind mit Kupferdraht verbunden. Das ganze
Pack wird verklebt und in Folie gewickelt.
Ergebnis
Dieser Pack zeigt auch in der FZS1000 keinerlei Schwächen.
Generell sollte man wohl die Kapazität der LiFePOs nicht zu knapp dimensionieren. Und auch nicht den Angaben der Hersteller
blind vertrauen.
Während der Fahrt merkt man (natürlich) keinen Unterschied zu einem (intakten) Bleiakku.
Ergebnis 2
Nach einer Saison im Betrieb habe ich beide Akkupacks vermessen. Die Zellen sind immer noch perfekt balanciert:
Akkupack 1 "5Ah" (Honda): Zellen-Delta 0.008V, Gesamtspannung 13.27V
Akkupack 2 "4.4Ah" (Fazer): Zellen-Delta 0.001V, Gesamtspannung 13.14V
Exzellent, Projekt erfolgreich :))
Ergebnis 3
Und wieder ist ein Jahr vorüber. Wie auch im Vorjahr bin ich ca. 3000..4000Km gefahren, mit langen Standzeiten
zwischendurch. Die Messwerte sind praktisch identisch geblieben:
Akkupack 2 "4.4Ah" (Fazer): Zellen-Delta 0.002V, Gesamtspannung 13.18V
Viel besser geht's nicht :)
Damit scheinen sich alle Annahmen zu bestätigen. Ein LiFePO ist hervorragend für den Betrieb im Motorrad geeignet und
Balancer o.ä. sind nicht wirklich notwendig.
Balancer bzw. BMS
Ein Balancer soll verhindern dass die Zellen unterschiedliche Ladezustände annehmen und dadurch geschädigt werden.
Umfangreichere Schaltungen werden als Battery Management System (BMS) bezeichnet. Sie machen folgendes:
-
Bei jeder Zelle wird ständig auf Überspannung geprüft. Im Fehlerfall wird die Spannung durch einen By-Pass auf 3.6V
geklemmt. Dadurch wird auch ein Balancing erreicht.
- Bei Unterspannung wird das Pack vom Netz getrennt.
Er wird zwar häufig als sehr wichtig beschrieben, ich habe aber darauf verzichtet. Die Gründe sind ganz praktischer Natur
und durch die besonderen Bedingungen im Motorrad gegeben.
Für das stationäre Laden, und andere Einsatzbereiche als am Motorrad, mag die Sache ganz anders aussehen. Ebenso wenn
man unterschiedliche Zellen aus zweifelhafter Herkunft kombiniert.
-
Der Nutzen ist fraglich. Wenn das BMS anspricht haben der Akku und/oder der Laderegler ein ernstes Problem und ich bleibe
mit dem Motorrad liegen. Ohne BMS ebenso..
- Die Ladespannung im Motorrad beträgt nie mehr als 14.4V, eher 13.8V oder weniger. Das passt sehr gut zur Ladeschlusspannung
der Zellen von 4 x 3.6V (=14.4V). Falls eine Zelle ein paar mV driftet ist das immer noch im tolerablen Bereich.
- Falls eine Zelle defekt ist merke ich das sofort beim (vergeblichen) Startversuch. Passiert dies während der Fahrt dann
habe ich halt mal Pech gehabt.
- Jede Schutz-Elektronik hat auch Nachteile. Sie braucht etwas (Ruhe-)Strom, der bei langen Standzeiten zum Problem wird.
Das notwendige Serienbauteil zum Öffnen des Stromkreises hat einen unerwünschten, aber unvermeidlichen Innenwiderstand,
ebenso der Messwiderstand für den Strom. Das BMS muss sauber verbaut werden, evtl sogar gekühlt.
Die Zell-Driften jedes Jahr zu kontrollieren scheint mir eine ökonomischere Lösung zu sein. Und dann mal schauen und lernen ..
Für jedes Motorrad geeignet?
Solch einen selbstgebauten Akku würde ich nicht ohne Not in z.B. eine BMW S1000 einbauen. Die sind mit Elektronik vollgestopft
und der Akku wird genau dafür auslegt sein.
Bei ABS-Modellen sollte man die Kapazität möglichst hoch auslegen.
Ältere "Gurken" werden sich freuen endlich einen ordentlichen Akku zu haben.
Auch sollte man nicht die Hoffnung haben das ein Motorrad, dass reihenweise Akkus "frisst", durch einen LiFePO4 kuriert wird.
Zuerst sollte man die Elektrik gründlich aufräumen und die Fehler beseitigen. Auch ein Kabelbaum altert oder hat versteckte
Fehlerchen. Daher den Laderegler direkt mit "frischen" Drähten mit der Batterie verbinden und wo es geht eine neue Masse und
Plus-Leitung einziehen.