Opel Corsa B X10XE
Unser "Familien-Fuhrpark" hat Zuwachs bekommen, ein Anfänger-Auto für die Kinder (Update: Mittlerweile wieder verkauft). Es ist ein kleiner
Corsa B Baujahr 2000, einer der letzten vor dem Facelift zur C-Variante. Der Motor ist ein 3-Zylinder mit 1
Liter Hubraum und 54PS, Motorkennung X10XE.
Der Motor ist sehr eng verwandt mit dem X12XE (4-Zylinder). Diese
Variante bin ich selbst jahrelang gefahren.
Schwachstellen
Häufig laufen die Motoren mit zunehmender Lebensdauer immer unrunder. Die
Wassertemperatur steigt an und kann im Extremfall zu einer defekten Zylinderkopfdichtung führen. Wenn in der Werkstatt der
Fehlerspeicher ausgelesen wird steht dort ein Hinweis auf eine defekte Lambda-Sonde oder Steuergerät. Dieser Hinweis führt aber in die Irre
weil die Ursachen (nach meiner Meinung) woanders liegen. Die von Opel verbauten elektrischen Komponenten haben scheinbar nicht die Qualität
um ein Autoleben durchzuhalten.
Eine Reparatur der elektrischen Komponenten macht nach typ mindestens 15 Jahren im Betrieb normalerweise überhaupt keinen Sinn. Zudem sind die
Ersatzteile mittlerweile extrem günstig geworden. Für wenig Geld kann man einfach alle verdächtigen Komponenten austauschen und
Unsicherheiten ausschliessen.
Natürlich muss nicht immer alles an der Elektronik liegen..
Da auch häufig über frühzeitig verschlissene Steuerketten berichtet wird habe ich den Verdacht dass
dies durch unrunden Motorlauf zumindest begünstigt wird. Ständiger Lastwechsel macht auf Dauer alles mürbe. Laut den
Opel-Servicemitteilungen kann es auch sein das der Kettenspanner am Einstellende angekommen ist. In späteren Baujahren wurde ein geändertes
Teil verbaut.
AGR Ventil
Dieses Ventil sitzt zwischen Auspuff und Vergaser. Unter bestimmten
Betriebszuständen wird das Ventil vom Motorsteuergerät geöffnet und ein
Teil der Abgase wird wieder angesaugt und erneut verbrannt.
Dadurch werden die Abgase etwas sauberer.
Das AGR-Bauteil besteht aus einem Ventil an einem Elektromagneten und einem
damit gekoppeltem Poti. Mit Hilfe dieses Potis kann das Steuergerät
erkennen und regeln wie weit das Ventil geöffnet werden soll.
Eine Beschreibung des AGR-Ventils ist auf der Internet-Serviceseite von
PIERBURG
zu finden. Möglicherweise gibt es aber auch noch andere Lieferanten.
Das AGR macht häufig nach einigen Jahren Probleme. Dies äussert sich durch ruckelnden
Motorlauf bei warmem Motor wegen falschem Gemisch. Ursache ist meistens
das nicht mehr korrekt arbeitende Poti. Manchmal wird auch ein Fehler im Cockpit angezeigt.
Das AGR zu ersetzen ist die übliche Methode. Man kann es aber auch abklemmen und durch einen elektrischen Dummy ersetzen. Dieser
gaukelt dem Steuergerät eine korrekte Funktion vor und alles läuft wieder rund. Natürlich mit Einbussen bei der Sauberkeit der Abgase.
Die Dummy-Schaltung besteht aus 2 Teilen:
- Ein Lastwiderstand der das Magnetventil simuliert.
- Eine Elektronik-Schaltung die das eingebaute Poti simuliert.
Die Beschaltung der Elektronik habe ich durch Fahrversuche ausgetüftelt.
Das Ansteuersignal für die Spule wird invertiert und im Pegel
angepasst. Der Lastwiderstand ist aus Einzelwiderständen
zusammengesetzt um die Verlustleistung und Temperaturen erträglich zu
halten. In dieser Konfiguration hat die Schaltung in meinen
Corsas über insgesamt 10 Jahre einwandfrei funktioniert.
Bei den Nachfolgemodellen funktioniert das leider nicht mehr so einfach. Am Corsa D ist mir die Schaltung mehrmals abgeraucht. Dort gibt es
zusätzlich einen Unterdruckmesser zur Kontrolle.
Kurbelwellensensor
Der Kurbelwellensensor liefert Signale ans Motorsteuergerät zur
Berechnung von Zündzeitpunkt und Einspritzung. Durch Alterung
verschiebt sich die Kennlinie des Sensor allmählich und verdreht damit
den Zündzeitpunkt, wodurch der Motor heisser wird. Im Extremfall
versagt er bei Hitze komplett und der Motor lässt sich erst wieder
starten wenn er abgekühlt ist.
Der Sensor ist sehr simpel aufgebaut. Er besteht aus einer Spule
(Soll-Widerstand von ca. 950 Ohm) die um einem Dauermagnet
gewickelt ist. Im Motor sitzt er direkt vor einer Zahnscheibe die mit
der Kurbelwelle verbunden ist. Sobald ein Zähnchen am Sensor
vorbeistreicht wird das Magnetfeld des Dauermagneten leicht verändert
und eine Spannung in die Spule induziert. An einer bestimmten Stelle
ist der Abstand der Zähne etwas grösser. Diese Abweichung im Signal
wird vom Steuergerät erkannt und als Referenz für den
Zündzeitpunkt benutzt.
Die Spule im Sensor ist vergossen und wird kaum jemals kaputt gehen. Aber der Magnet ist entscheidend dafür
wie stark das induzierte Signal ist. Durch Alterung und/oder hohe Temperaturen kann sein Magnetfeld geringer werden. Als Folge wird das
Messsignal kleiner oder verschwindet ganz. Dies deckt sich auch mit dem typischen Fehlerbild des Sensors, er versagt gerne wenn der Motor warm
ist.
Aus Neugier habe ich mal einen alten Sensor geöffnet:
Der Sensor ist sehr billig zu bekommen und einfach auszutauschen. Man
könnte sogar daran denken ihn alle 2 Jahre vorsorglich zu wechseln.
Gerüchteweise soll es beim Nachfolgemodell Corsa C möglich sein das Motorsteuergerät
umzuprogrammieren, so dass es mit Toleranzen des Sensors besser umgehen
kann.
Luftmassenmesser
Dieses Bauteil sitzt zwischen Luftfilter und Drosselklappe. Es misst
die angesaugte Luftmenge, woraus das Steuergerät die passende
Einspritzmenge an Benzin berechnet.
Der LMM altert und verdreckt mit der Zeit. Die Luftmasse wird dadurch
falsch bestimmt und damit auch das Gemisch. Wie viele Bauteile für die
alten Opels ist auch dieses recht preiswert zu bekommen und ein
Austausch ist die beste Lösung.
Drosselklappensteller / Leerlaufregler
Noch so ein Bauteil das gerne Ärger macht. Dieses schwarze Kästchen sitzt an/auf
der Drosselklappe und regelt das Standgas. Hier ist ein
Servomotor
mit einem Poti verbaut. Wenn das Standgas sich "komisch" verhält kann
es an dieser Komponente liegen.
Drosselklappenpoti
Sitzt seitlich an der Drosselklappe. Dieses Poti ist extrem wichtig für das
Motorsteuergerät. Aus der Stellung des Potis und der aktuellen Drehzahl
werden Einspritzmenge und Zündzeitpunkt berechnet (ein paar andere
Sensoren sind natürlich auch noch beteiligt).
Temperatursensor
Der Motor hat 2 Temperatursensoren. Weitere
Problembeschreibungen und Details sind hier
zu finden.
EPS Servolenkung Probleme
Der Wagen hat eine elektrische Lenkunterstützung die EPS genannt wird (Electronic Power Steering). Der
zugehörige Drehmomentgeber auf der Lenksäule kann sich verstellen und
ausleiern. Als Folge arbeitet die Servolenkung nur schlecht und ungleichmässig. Was man dagegen tun kann
ist auf dieser
Seite beschreiben.
Das hat wenig mit einem unrunden Motorlauf zu tun, vermindert aber den Komfort erheblich.
Fehler-Codes auslesen
Im Cockpit gibt es eine MKL (MotorKontrollLeuchte). Sobald das Steuergerät einen Fehler detektiert
leuchtet diese Lampe. Zum Auslesen welcher Fehler vorliegt
gibt es
eine 16-polige Diagnose-Buchse (früher 10-polig). Die Buchse sieht aus wie für OBD, hat aber evtl. eine abweichende Belegung.
Bis zum Modelljahr 2000 konnte man durch Überbrücken der Pins 4 und 6 mit einer "Büroklammer" das Steuergerät veranlassen den Fehler durch einen
Blink-Code auszugeben.
Beginnend mit dem Modelljahr 2000 (ab Herbst 1999) hat Opel die Methode zur
Fehlerdiagnose geändert und ein frühes OBD Protokoll benutzt. Die
"Büroklammer"-Methode funktioniert nicht mehr. Man benötigt
jetzt ein spezielles Diagnose-Gerät. Insgesamt sind 3 getrennte digitale Busse vorhanden die
mit unterschiedliche Fahrzeug-Gerätegruppen verbunden sind.
Das vermutlich interessanteste Signal (K1) für das Motorsteuergerät liegt
an Pin 7.
Der Corsa B fällt genau in die Umbruch-Zeit in der OBD2 verpflichtend
für alle Fahrzeughersteller wurde. Was genau in seinem Fahrzeug verbaut
wurde kann man daher nicht pauschal beantworten.