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ATARI ST

Der Atari ST war ein sehr populärer Heimcomputer der Mitte der 80er Jahre auf den Markt kam.

Atari ST Atari ST

Alte Daten retten

Mit solch einer Maschine habe auch ich jahrelang gearbeitet. Einige der alten Disketten sind nun beim Aufräumen wieder aufgetaucht und ich wollte diese Daten auf meinem PC sichern und die Inhalte wieder lessbar machen.
(Für die jüngeren Leser: Disketten wurden zum Speichern der Daten benutzt als es noch keine Festplatten oder USB-Sticks gab..)

Normalerweise ist solch ein Unterfangen sehr schwierig weil PC und Atari völlig unterschiedliche Systeme sind. Und die 30 Jahre Zeitdifferenz machen es nicht leichter. Glücklicherweise gibt es aber viele Hobbyisten die sich bis heute aktiv mit dem Atari beschäftigen und diverse Tools entwickelt haben.

Weblinks

Einen guten Einstieg zum Thema "Atari-Daten Konvertieren" findet man z.B. hier:
http://www.maxschoenherr.de/clock/atari-st-disketten-einlesen/
Dieser Anleitung bin ich gefolgt, sie enthält auch alle wichtigen Links.
Generell findet man mit einer kurzen Websuche sehr viele Hinweise, Anleitungen und PC-Hilfsprogramme. In den diversen Archiven sind zudem alle damals populären Atari-Programme verfügbar.

Die leichte Verfügbarkeit der Originalprogramme bedeutet übrigens nicht das sie zur allgemeinen Verwendung freigegeben sind..

Ein Konverter für Signum! Dateien: Signum! Document Toolbox. Eine ausführliche Beschreibung findet sich weiter unten.

Eine Übersicht der von Atari verwendeten Grafik-Formate:
http://www.fileformat.info/format/atari/egff.htm
Ein Konverter für das PAC-Format (verwendet von STAD):
https://github.com/th-otto/hypview/blob/master/pic/stad.c

Ein Atari-Forum:
http://www.atari-forum.com/

Diskettenlaufwerk

Disketten waren damals das wichtigste Medium zur Datenspeicherung. In den späten Modelljahren des ST gab es auch Modelle mit Festplatte. Sowas tolles hatte ich leider nicht, deshalb beschränke ich mich hier auf die Datenrettung von Disketten.

Atari hat damals die gleichen Komponenten benutzt die auch in den "normalen" Windows-PCs üblich waren. Mit eingen Einschränkungen konnte man die Disketten auch im jeweils anderen System lesen.

Atari ST Atari ST

Solch ein 3,5" PC-Diskettenlaufwerk wird für die weiteren Schritte benötigt. Und natürlich ein PC der eine entsprechende Schnittstelle besitzt! Das ist heutzutage auch schon ein Problem. Laptops kann man da direkt vergessen. Bei Tower-PCs mit etwas älteren Motherboards hat man mehr Glück. Ein häufig verwendeter Standard ist der sog. "Shugart-Bus" mit einem 34-poligen Stecker, häufig als FDD-Schnittstelle bezeichnet.
Ein passender Stecker für die Stromversorgung (4-polig) muss natürlich ebenfalls vorhanden sein.

Es gibt auch Exoten mit SCSI-Bus. Ob die verwendbar sind habe ich nicht getestet.

Externe USB-Laufwerke sind nur sehr bedingt verwendbar. Das hängt aber vom jeweiligen Konvertierungsprogramm ab. Typischwerweise greifen diese direkt auf den Disketten-Controller zu, was offensichtlich bei USB nicht so einfach zu machen ist.

Treiber für Diskettenlaufwerk

Der nächste Schritt ist die Installation eines speziellen Treibers damit das PC-Diskettenlaufwerk das abweichende Atari-Sektorformat überhaupt lesen kann. Der Treiber hat den Namen "fdrawcmd.sys" und ist auf dieser Seite zu finden:
https://simonowen.com/fdrawcmd/
Oder auf GitHub:
https://github.com/simonowen/fdrawcmd

Der Treiber erwartet einen "µPD765a floppy disk controller", der damals sehr verbreitet war. Entsprechend ist es wahrscheinlich dass nicht jedes (Exoten-)Laufwerk damit funktioniert.

Disketten-Image erzeugen

Von den Disketten wird zunächst ein sog. Image erzeugt und auf dem PC gespeichert. Dies ist eine Bit-genaue Kopie der Diskettendaten. Man kann damit wesentlich einfacher, besser und schneller arbeiten als mit den Disketten. Zudem werden von den Image-Programmen diverse Tricks angewendet um Lesefehler zu kompensieren. Schlecht lesbare Disketten können damit häufig noch gerettet werden. Nach der jahrzehntelang Lagerung sind Lesefehler auch höchst wahrscheinlich.
Die Disketten (und das Laufwerk) werden nach diesem Schritt nicht mehr benötigt.

Für die Image-Erstellung habe ich die beiden folgenden Programme verwendet:
https://github.com/ChrisBertrandDotNet/ST-Recover
http://atari.8bitchip.info/floimgd.php

ST-Recover scheint etwas besser zu funktionieren und auch kritische Disketten zu schlucken. Einfach auf "Read disk and save image file" klicken und einen Dateinamen angeben. Die gelesenen Sektoren werden grafisch dargestellt. Die grüne Farbe bedeutet "alles okay":
Atari ST

Um die Speicherkapazität maximal auszuquetschen wurden damals auch gerne modifizierte/optimierte Sektorformate verwendet. Z.B. wurde die Anzahl der Sektoren erhöht und die Tracks gegeneinander versetzt um schneller lesen zu können.
ST-Recover kann solche Formate ebenfalls lesen. Die blaue Farbe deutet darauf hin, dort wurde in mehreren Durchläufen gelesen.
Rote Sektoren sind defekt und nicht lesbar. Es besteht aber die Chance dass andere Laufwerke toleranter sind und diese trotzdem lesen können. Zu Atari-Zeiten sind mir diese Unterschiede auch bereits aufgefallen.
Atari ST

Dateien extrahieren

Ausgehend von einem Image können die Daten nun in lesbare Dateien umgewandelt werden. Dazu ist das Programm "FloImg102.exe" gut geeignet.
Atari ST

"Open image file" anklicken und ein Image auswählen.
"File-transfer" anklicken, im Directory die gewünschten Originaldateien auswählen und abspeichern.

Die Daten liegen nun wieder als separate Files auf der Festplatte. Und schon hat man die uralten Daten gerettet :)

Mit Ausnahme von reinen ASCII-Dateien wird man damit aber noch nicht viel anfangen können. Alle Programme sind für 68000er Prozessoren geschrieben und auf einem PC nicht lauffähig. Auch die Formate der Grafik-Dateien sind nicht mehr gängig, aber dafür finden sich meistens Konvertierungsprogramme.

Die Speicherformate der Daten der meisten ST-Programme sind nicht bekannt. Einen passenden Umwandler zu finden ist eher unwahrscheinlich. In diesem Fall ist der einzige Weg das Atari-Programm in einem ST-Emulator laufen zu lassen. Und dann darauf zu hoffen dass es noch ein besser geeignetes Speicherformat gibt.

Atari-ST Emulator

Wie der Name bereits sagt können diese Programme ein altes Betriebssystem nachbilden (emulieren) und auf einem PC virtuell lauffähig machen. Man hat damit die Möglichkeit die originalen ST-Programme wieder laufen zu lassen. Und mit etwas Glück findet sich dabei ein alternatives Speicherformat dass in der PC-Welt verwertbar ist. Notfalls ein Bildschirm-Snapshot.

Bei den Emulatoren hat man erfreulicherweise die Qual der Wahl. Ich habe nur sehr kurz und oberflächlich gesucht und mich für "Steem SSE" entschieden. Haupsächlich weil es immer noch gepflegt wird und unter Windows-10 läuft.
https://sourceforge.net/projects/steemsse/

Atari ST Atari ST

Steem SSE bietet unendliche Konfigurationsmöglichkeiten. Als alter Atari-User findet man sich schnell zurecht und in die gute, alte Zeit zurückversetzt :) Als Novize wird man aber erstmal einige Probleme haben..

Zuerst muss das gewünschte TOS ausgewählt werden. Das ist das "Windows" von Atari, also das Betriebssystem. Mit dem TOS 1.02 fährt man erstmal sehr gut.

Ebenso sollte direkt beim Start ein HD-Ordner angelegt/ausgewählt werden. Das macht die spätere Benutzung wesentlich einfacher als über die "Diskettenlaufwerke".

Im "Disk Manager" Menü/Fenster zieht man "zum Einlegen der Diskette" einfach eine Image-Datei auf eines der Laufwerks-Symbole (A oder B). In der Atari-Oberfläche kann man dann dieses Laufwerk öffnen. Ein "Diskettenwechsel" wird auf die gleiche Art gemacht, einfach ein anderes Image im Disk Manager auswählen.
Atari ST

Ebenso sollte man im Disk Manager die Option GEMDOS HARD DRIVES aktivieren. Diese "Festplatte" ist eigentlich ein Windows-Ordner. In diesem legt man direkt die extrahierten Atari-Dateien (siehe oben, Daten extrahieren) ab, also kein Image. Sehr bequem! Natürlich kann man auch "zu Fuss" im "Atari" die Dateien aus Laufwerk A auf die Festplatte kopieren.

Das Laufwerkssymbol C (Festplatte) war bei mir nicht immer verfügbar. Das passiert wenn der entsprechende Eintrag in der Desktop.Inf-Datei (im LW A) fehlt und kann einfach korrigiert werden:

  • ein beliebiges vorhandenes Laufwerk mit links-Klick selektieren
  • unter EXTRAS -> FLOPPY ANMELDEN
  • gewünschten Laufwerksbuchstaben und Text eingeben
  • ANMELDEN
  • EXTRAS -> Arbeit sichern

Signum! Dateien

Zu seiner Zeit war Signum! eines der besten Programme um Texte mit Formeln und Grafiken zu erstellen. Es verwendete eigene Pixel-Fonts für die Darstellung und druckte im Grafik-Modus (bis dahin war es üblich nur die im Drucker vorhandenen Fonts zu benutzen). Leider führte das zu einem proprietären Dateiformat dass mit nichts kompatibel war.

Die Rettung ist die Signum! Document Toolbox.
(alternativer GitHub-Link: "https://github.com/Xiphoseer/sdo-tool")

Auf diesen Konverter hat mich der Autor selbst aufmerksam gemacht nachdem er hier von meinen holperigen Konvertierungsversuchen gelesen hat. Das Konvertieren meiner alten Daten hat damit hervorragend funktioniert.

Die Tool-Box dekodiert direkt das Binärformat der Signum-Datei. Neben dem eigentlichen Text erhält man auch alle Infos zu den verwendeten Zeichensätzen. Eine grossartige Arbeit! Es war bestimmt nicht leicht die 30 Jahre alten Infos über ein vergessenes Betriebssystem zusammen zu suchen..



Wer diesen Konverter nicht nutzen mag der kann die alten Dateien auch mit "Hausmitteln" als Bitmap ausdrucken. Dazu muss Signum! im Emulator gestartet werden.

  • Das Dokument in eine Datei ausdrucken, jede Seite einzeln
  • Als Druckertreiber einen HP-Laserjet auswählen
  • Als Ausgabeformat "IMG" wählen
  • Das "IMG" in ein "aktuelles" Grafikformat umwandeln
  • Jede Seite separat als Bild in z.B. Word importieren
Ein mühsamer Weg.. aber es geht. Man erhält so eine sehr genau Kopie der Optik.

Falls man eigene Fonts erstellt hatte müssen diese natürlich ebenfalls vorhanden sein. Erschwerend kommt hinzu dass Signum! über seine Versionen hinweg das Font-Format modifiziert hatte, man muss diese dann eventuell noch konvertieren.